"Die Gemeinden brauchen mehr Luft zum Atmen"

Die kommunalen Finanzen stehen beim Antrittsbesuch des Bergsträßer SPD-Bundestagskandidaten Sven Wingerter bei Bürgermeister Herold Pfeifer im Mittelpunkt

Neckarsteinach. Das liebe Geld: Immer beschäftigt es die Bürgermeister der Gemeinden. Gerade kleinere Kommunen können ein Lied davon singen, dass es nie reicht und Haushalte chronisch unausgeglichen sind. Kein Wunder, dass die Finanzen beim Antrittsbesuch des Bergsträßer SPD-Bundestagskandidaten Sven Wingerter bei Neckarsteinachs Bürgermeister Herold Pfeifer – stellvertretend fürs hessische Neckartal – im Mittelpunkt standen. 

 

Zwar ist hauptsächlich das Land Hessen zuständig, wenn es um die finanzielle Ausstattung der Städte und Gemeinden geht, sagte Wingerter. Jedoch ist mit bestimmten Beschlüssen auch der Bund mit im Boot, wenn diese Folgewirkungen haben. Beispiel Gute-Kita-Gesetz: „Da bin ich stolz darauf. Es ist ein großer SPD-Erfolg, dass Kinder ab dem ersten Lebensjahr betreut werden können“, betont der Wald-Michelbacher.

 

Auf der anderen Seite wiederum zieht es einen Rattenschwanz nach sich, denn die Betriebskosten bleiben vor Ort hängen. Dafür gibt’s kein Geld. Was eine große Belastung für die kommunalen Haushalte bedeutet. Wingerters Forderung: „Die Gemeinden müssen finanziell entsprechend ausgestattet werden.“ Beide waren sich einig: „Wer bestellt, muss auch bezahlen.“

 

Hier hakte Pfeifer ein: Ohne die Kosten für die Kinderbetreuung „könnten wir über einen ausgeglichenen Haushalt reden“. So aber gibt es in diesem Bereich ein Defizit im höheren sechsstelligen Bereich. Was vom Land an Zuschüssen kommt, ist seinen Worten zufolge „ein Tropfen aus den heißen Stein“. Deshalb ruft der Bürgermeister dazu auf, dass sich die Kommunen zusammentun „und auf die Straße gehen“. 

 

Er vergleicht die Situation mit der Beratung über den kommunalen Finanzausgleich (KFA) vor einigen Jahren. Damals brachte Pfeifer den Wechsel des Bundeslandes nach Baden-Württemberg ins Spiel. „Ein Hilferuf“, sagt er rückblickend, um auf die Unterfinanzierung in Hessen aufmerksam zu machen. Aktuell, nicht nur vor dem Hintergrund der Einnahme-Ausfälle durch die Corona-Pandemie, sieht der Rathauschef wieder die Zeit zum Handeln gekommen.

 

Die Hilfen des Bundes zum Ausgleich der Gewerbesteuerausfälle kamen an, bestätigt der Bürgermeister die Frage des Bundestagskandidaten. Der Magistrat half im Rahmen seiner Möglichkeit darüber hinaus auch unbürokratisch vor Ort. Allerdings sieht Pfeifer noch nicht das Ende der Fahnenstange bei der Unterstützung gekommen: „Corona ist noch nicht vorbei.“

 

Die Barrierefreiheit von Bushaltestellen, vom Bund gesetzlich festgeschrieben, ist für die beiden Kommunalpolitiker ein ähnliches Beispiel dafür, wie etwas eigentlich Sinnvolles vom Bund beschlossen, aber nicht für die komplette Finanzierung gesorgt wird. Pfeifer lässt an den vielfältigen Förderprogrammen kein gutes Jahr: „Noch ein Zuschuss und wir sind pleite“, meint er mit einem Augenzwinkern.

 

Gerade kleinere Verwaltungen können die Vorarbeit gar nicht leisten, um in sehr kurzer Zeit umfangreiche Förderanträge zu arbeiten, hakt Wingerter hier ein. „Mitarbeiter am Rande des Nervenzusammenbruchs“, ergänzt Pfeifer plastisch. Will die Stadt einen Förderantrag stellen, „braucht es zwei Büros, um den zu erarbeiten“. Seine Forderung: „Das muss man entbürokratisieren und verschlanken“. Es sind zwar genug Fördermittel da, aber es ist sehr kompliziert dranzukommen.

 

Wingerter mit seinem reichen kommunalpolitischen Background aus 18 Jahren Tätigkeit als Gemeindevertreter in Wald-Michelbach und 14 Jahren im Bergsträßer Kreistag bekräftigt: „Ich will die Interessen der Städte und Gemeinden vertreten.“ Denn er sieht viele Gemeinsamkeiten bei den Problemen und Herausforderungen. Als Überwälder hat er gerade die kleineren Orte im Blick, „die gerne mal vergessen werden“. Er weiß, wo der Schuh drückt, was zu tun ist, damit eine Gemeinde mehr Luft zum Atmen hat.

 

Das hessische Neckartal, betont er, „darf nicht zwischen den Bundesländern aufgerieben werden“. Der Bundestagskandidat weiß, dass im Kreis Bergstraße und auch im Land teilweise gar nicht bekannt ist, dass es zwei hessische Städte am eigentlich baden-württembergischen Neckar gibt. Die Grenzlage bringt laut Pfeifer des Öfteren Vergleiche der Bürger mit dem Nachbarbundesland mit sich, bei denen Neckarsteinach den Kürzeren zieht. Denn „manches gibt es in Hessen gar nicht“, meint er.

 

Zur Sprache kam auch die hohe Verkehrsbelastung auf der B 37/45. Denn die Pendler aus dem Neckartal Richtung Heidelberg und Mannheim wälzen sich durch die Vierburgenstadt – während der Sperrung der S-Bahn-Strecke zwischen Eberbach und Neckargemünd sind es noch mehr als sonst. Deshalb will Pfeifer mit Nachdruck eine mögliche Umgehungsstraße weiter verfolgen.

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