Nach 3 Jahren detailreicher Kleinarbeit haben wir im Kreistag am 9. November 2020 unseren neuen "Nahverkehrsplan Bergstraße 2020-2024" verabschiedet.
Wir wollen einen flächendeckenden, preiswerten und umweltfreundlichen Nahverkehr für alle. Und wir brauchen die Mobilitätswende als Teil der Energiewende für einen konsequenten Klimaschutz.
Der neue Plan mit seinem Maßnahmenkonzept bringt uns hier ganz entscheidend voran.
Vielen Dank an unseren Landratskandidaten und ÖPNV-Dezernenten Karsten Krug!
Der vorliegende Nahverkehrsplan ist nicht nur quantitativ der Umfassendste, den der Kreis Bergstraße jemals hatte, er ist auch qualitativ ein Meisterwerk.
Er ist in einem umfassenden Beteiligungsverfahren entstanden – ein Beteiligungsverfahren, das Vorbildcharakter hat: sowohl für andere Vorhaben bei uns selbst als auch für andere Landkreise.
- Der Fahrgastbeirat war umfassend im Vorfeld eingebunden und konnte die Erarbeitung des Nahverkehrsplans mit vielen Anregungen über den gesamten Zeitraum begleiten.
- In einer frühen ersten Beteiligungsrunde mit den Bürgern, Verbänden und Kommunen gab es 414 Eingaben. Diese wurden umfassend geprüft und bearbeitet und dienten als wesentliche Grundlage für das Maßnahmenkonzept.
- Auf Basis des ersten Entwurfs Anfang des Jahres gab es in der zweiten Beteiligungsrunde nochmals 430 Rückmeldungen, die schließlich in den hier vorliegenden Nahverkehrsplan eingeflossen sind.
Als Grundlage für die Ziele des Kreises wurde erstmals überhaupt ein Leitbild für nachhaltige Mobilität formuliert.
Mobilität im Kreis Bergstraße soll stärker als bisher der Nachhaltigkeit und Klimafreundlichkeit dienen. Ein entsprechend stark ausgebautes ÖPNV-Angebot ist dafür eine wesentliche Voraussetzung.
Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung des Grundangebots für die Daseinsvorsorge. Statt bisher 15 Fahrtenpaaren die Woche in Ortsteilen ab 300 Einwohnern, sollen auch in kleinen Ortsteilen bereits ab 100 Einwohnern mindestens 25 Fahrtenpaare angeboten werden.
Eine deutliche Verbesserung hierbei stellt auch Einführung eines völlig neuen Grundnetzes „Region“ dar. Damit wird im Kreis in Ortsteilen ab 600 Einwohnern flächendeckend ein tagesdurchgängiger Zweistundentakt überall dort eingeführt, wo es heute entweder gar kein oder wenn überhaupt nur ein sehr geringes Angebot mit Einzelfahrten gibt.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf dem Schließen von Netz- und Erschließungslücken, die wir bisher noch an einigen Stellen hatten:
- z.B. durch die Direktverbindung zwischen Mörlenbach und Heppenheim, die bereits zum letzten Fahrplanwechsel im Vorgriff auf den neuen Nahverkehrsplan realisiert werden konnte
- z.B. durch die längst überfällige Direktverbindung zwischen Lampertheim und Heppenheim, die nun als Maßnahme im vordringlichen Bedarf und damit zur kurzfristigen Umsetzung vorgesehen ist.
- Aber auch durch neue Linienführungen und zusätzliche Haltestellen, um den ÖPNV näher an die Menschen zu bringen und die Wege deutlich zu verkürzen.
Der große „Schatz“ in diesem Nahverkehrsplan ist das Maßnahmenkonzept.
Dieses wurde auf Basis einer sehr gründlichen, fachlichen Potentialanalyse unter Berücksichtigung einiger klarer Zielvorgaben erstellt.
Damit steht eindeutig fest, dass alle Maßnahmen, die im Maßnahmenkonzept genannt sind, das notwendige Potential gemessen an der möglichen Zahl an Fahrgästen haben.
Umgekehrt formuliert: ungeachtet der Finanzierung müssten wir – mindestens – alle hier genannten Maßnahmen umsetzen, wenn wir die sich aus unserem Leitbild ergebenden verkehrlichen Ziele erreichen wollen!
Warum nenne ich das einen „Schatz“?
- Uns allen ist bewusst, dass nicht alle Maßnahmen von heute auf morgen umsetzbar sind. Dies hat mit den aktuellen Finanzierungsmöglichkeiten zu tun, die mit dem Land alle 5 Jahre neu verhandelt werden und für die dieser Plan nun die neue Grundlage ist, um für unser ÖPNV-Budget deutlich mehr herauszuschlagen. Dies hat aber auch mit laufenden Verkehrsverträgen zu tun.
- Bisherige Nahverkehrspläne hatten aus diesem Grund überhaupt nur Maßnahmen genannt, die unter keinem weiteren Vorbehalt standen – mit der Konsequenz, dass gerade die wirklich interessanten Möglichkeiten darüber hinaus nie ausgeschöpft wurden.
- Durch die vollständige Nennung aller Maßnahmen bei gleichzeitiger Priorisierung in einen vordringlichen, mittleren, weiteren und einen Prüfbedarf stellen wir sicher, dass wir auch langfristig eine hervorragende Grundlage haben, die Weichen dauerhaft für ein starkes Mobilitätsangebot im Kreis Bergstraße zu stellen.
Um die finanzielle Dimension mal genannt zu haben:
- Wenn wir am Ende alles umsetzen, dann reden wir von Maßnahmen mit zusätzlichen Kosten in Höhe von ca. 8,2 Millionen Euro.
- Das sind die reinen Kosten. Dem stehen Erlöse und Zuschüsse gegenüber. Und selbstverständlich werden wir uns bei jeder einzelnen Maßnahme über Möglichkeiten der Finanzierung unterhalten müssen.
- Ich betone gerne noch einmal: um unsere verkehrlichen Ziele zu erreichen, müssen wir alle Maßnahmen umsetzen. Dies zeigt die Dimension, Bedeutung und das Potential dieses Nahverkehrsplans.
Auch mit Blick auf Vereinfachung und Vergünstigung der Tarife sind wichtige Maßnahmen enthalten: Wir wollen u.a. den RMV-VRN-Übergangstarif ausweiten, möglichst alle RMV-Kombitickets auch bei uns im Kreis nutzbar machen sowie die Ruftaxis deutlich günstiger machen.
Gemeinsam mit den ebenfalls dargestellten Bausteinen ergänzender Mobilität wie Carsharing, VRNnextbike, Mitfahrzentralen oder künftigen sog. „On-Demand-Verkehren“ sowie einem guten kommunalen, schulischen und betrieblichen Mobilitätsmanagement sind wir damit einen ganzen Schritt weiter zu einem modernen, wegweisenden, fortschrittlichen und nachhaltigen Mobilitätsplan.
Mobilität ist eine soziale Frage. Mobil zu sein entscheidet über selbstbestimmte, gesellschaftliche Teilhabe.
- Wir wollen deshalb einen attraktiven und bezahlbaren Nahverkehr für alle – flächendeckend, auch im ländlichen Raum und in kleineren Orts- und Stadtteilen.
- Wir wollen eine Verkehrs- und Mobilitätswende als integralen Bestandteil der Energiewende für einen konsequenten Klimaschutz.
- Wir wollen deshalb auch, dass das Mobilitätsangebot im Umweltverbund, die Gesamtheit von ÖPNV und ergänzenden Angeboten, eine echte Konkurrenz zum eigenen Auto werden kann.
Der ÖPNV ist heute schon günstiger als die Nutzung des eigenen Autos. Mit diesem Nahverkehrsplan schaffen wir die Grundlage, die verschiedenen Alternativen – ÖPNV und ergänzende Angebote – auch deutlich attraktiver zu machen.
Unser Anspruch ist eine Mobilität im Kreis Bergstraße, die nachhaltig ist, ökologisch und sozial.
Dafür wollen wir den Nahverkehr deutlich stärken.
Der vorliegende Nahverkehrsplan bringt uns hier deutlich voran und stellt dafür die richtigen Weichen.
Unser herzlicher Dank gilt dem verantwortlichen Kreisbeigeordneten Karsten Krug an der Spitze sowie der Verwaltung, dem VRN und der IGDB als dem zuständigen Planungsbüro.