Gemeinsame Ziele: "Lohndumping verhindern, gute Arbeit fördern"

Sven Wingerter informiert sich bei Fachgespräch über kommunalpolitische Eckpunkte des DGB


Weitgehende Übereinstimmung  gewerkschaftlicher Positionen zum Wahlprogramm der SPD Bergstraße stellten der Wald-Michelbacher Kreistagsabgeordnete Sven Wingerter und Regionssekretär Horst Raupp vom DGB Südhessen bei einem gemeinsamen Fachgespräch im DGB-Haus in Darmstadt fest. Der Überwälder Sozialdemokrat informierte sich dort über die kommunalpolitischen Eckpunkte des DGB (hier als PDF zum Download) für die Kommunalwahlen in Hessen am 6. März 2016.

 

Raupp, der über die Eckpunkte des DGB referierte, betonte die Vorbildfunktion der öffentlichen Arbeitgeber für gute Arbeit. Der DGB fordert deshalb die Städte, Gemeinden und Landkreise auf, über eigene Vergaberichtlinien sicherzustellen, dass öffentliche Aufträge nur an Betriebe vergeben werden, die faire Löhne zahlen, Arbeitnehmerrechte achten, für gute Arbeitsbedingungen sorgen und Ausbildungsplätze für junge Menschen zur Verfügung stellen sowie fair gehandelte und ökologisch nachhaltige Produkte verwenden. 

 

Ein besonderes Problem sehen Raupp und Wingerter vor allem im Zusammenhang mit prekärer Beschäftigung:  Fast jeder zweite Arbeitnehmer im Kreis Bergstraße arbeite in sogenannten „atypischen Arbeitsverhältnissen“ wie etwa Teilzeit, Minijobs, befristetet, Leiharbeit oder Werkverträge. Bei den Frauen seien es sogar 68 Prozent der Beschäftigten. „Wir müssen mit unserem Eigenbetrieb ‚Neue Wege‘ unbedingt ein Auge darauf haben, dass die Jobcenter Arbeitssuchende in Betriebe vermitteln, die kein Lohndumping betreiben", betonte Wingerter. Dabei dürften auch keine Ausnahmen vom Mindestlohn gelten. „Der Mindestlohn kann überhaupt nur die allerunterste Grenze sein“, betonten Raupp und Wingerter gleichermaßen. Dies sei auch im eigenen Interesse des Kreises: Denn wer nicht genug für seinen Lebensunterhalt verdiene, müsste aufstocken. Das belaste wiederum den Kreishaushalt.

 

Auch Maßnahmen der kommunalen Wirtschaftsförderung sowie die Vermittlungspraxis der Jobcenter müssten folgerichtig nach eindeutigen Kriterien guter Arbeit ausgerichtet sein. Wingerter, der selbst auch stellvertretender Vorsitzender des DGB-Ortsverbandes im Überwald ist, erinnerte in diesem Zusammenhang an Initiativen der SPD-Kreistagsfraktion zur Einhaltung der Tariftreue bei öffentlichen Vergaben und zum Schutz des freien Sonntags für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

 

Auch bei den weiteren zentralen Forderungen des DGB gibt es große Überschneidungen. Raupp betonte besonders den Erhalt der gemeinwohlorientierten Daseinsvorsorge in öffentlicher Trägerschaft und unter demokratischer Kontrolle, eine klare Absage an alle Formen von Privatisierung, eine gute Ausstattung von Kindertagesstätten und Schulen, einen flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehr, bezahlbares Wohnen, ein soziales Gesundheitswesen und die Sicherstellung der medizinischen Versorgung insbesondere im ländlichen Raum. Wingerter verwies in diesem Zusammenhang auf Anträge der SPD zum aktuellen Kreishaushalt, die Schulsozialarbeit, den ÖPNV, den Wohnungsbau und Investitionen für den Gesundheitsbereich betrafen. „Schwarz-Grün hat alle diese Vorschläge abgelehnt und empfiehlt sich damit kaum, um weiterhin im Kreis Verantwortung zu tragen. Wir werden unsere Ziele nach der Kommunalwahl umso engagierter weiterverfolgen“, machte Wingerter die sozialdemokratischen Prioritäten klar.

 

Chronische Unterfinanzierung kommunaler Finanzen und hohe soziale Ungleichheit

 

Mit Blick auf die kommunale Finanzsituation waren sich Raupp und Wingerter einig, dass mit einer umfassenden Gemeindefinanzreform die chronische Unterfinanzierung der kommunalen Pflichtaufgaben beendet, die politischen Gestaltungsspielräume der Städte, Gemeinden und Landkreise erhöht und die kommunale Selbstverwaltung endlich wiederhergestellt werden müsse. „Die hessische Landesregierung hat in den vergangenen Jahren eine massive Erhöhung der Gebühren und der kommunalen Steuern erzwungen. Damit werden vor allem kleine und mittlere Einkommen belastet und die sowieso schon in Deutschland vorherrschende soziale Ungleichheit noch mehr vergrößert“, machte Wingerter seinen Ärger über die sozial völlig unausgewogene Politik der schwarz-grüne Koalition in Hessen deutlich.

 

Der DGB fordert, dass hohe Einkommen und große Vermögen endlich wieder angemessenen besteuert werden: „Nur über eine Besteuerung nach Leistungsfähigkeit können die öffentlichen Aufgaben nachhaltig und solide finanziert und die Lasten sozial gerecht verteilt werden“. Raupp verwies in diesem Zusammenhang auf den kürzlich veröffentlichten Oxfam-Bericht, wonach 62 Menschen auf der Welt inzwischen genauso viel wie die gesamte ärmere Hälfte der Weltbevölkerung besitzen. Auch Deutschland sei hier mittlerweile nicht mehr weit von amerikanischen Verhältnissen entfernt.

 

Wingerter knüpfte daran an: „Viele Menschen sind tagtäglich auf Einrichtungen, Dienstleistungen und eine funktionierende Infrastruktur der öffentlichen Hand angewiesen. Aber:  Das alles muss eben auch finanziert werden“. Geld sei genug vorhanden, es müsse nur richtig verteilt werden. Die Kommunalpolitik sei eines der zentralen Politikfelder, um die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen unmittelbar vor Ort nachhaltig zu sichern und zu verbessern.